Die Mehrheit der Franzosen hat sich am Sonntag bei dem mit Hochspannung beobachteten Referendum klar gegen die EU-Verfassung ausgesprochen. Damit hat die europäische Einigung einen schweren Rückschlag erlitten.
Hochrechnungen von drei Meinungsforschungsinstituten ergaben zwischen 54,5 und 55,6 Prozent gegen den Text, meldete die französischen Fernsehanstalten am Sonntag. Alle Umfragen der vergangenen Wochen hatten einen deutlichen Sieg der Verfassungsgegner vorausgesagt.
Verfassung gescheitert
Damit ist das Verfassungsprojekt gescheitert, da alle 25 EU-Staaten zustimmen müssen. Frankreich hat als 10. Land über die EU- Verfassung entschieden. Die neun übrigen Länder, darunter Deutschland am vergangenen Freitag, haben dem Text zugestimmt.
Offen ist nun, ob der Ratifizierungsprozess wie geplant in den übrigen Unionsländern fortgesetzt wird. Faktum ist, dass ohne die in der Verfassungen vorgesehenen institutionellen Änderungen die erweiterte Union kaum noch steuerungsfähig ist.
Schwerer Schlag für Chirac
Das Ergebnis ist eine schallende Ohrfeige für Staatspräsident Jacques Chirac und die Regierung Raffarin. Bereits im Vorfeld hatte sich abgezeichnet, dass viele Franzosen das EU-Referendum zu einer Abrechnung mit der Wirtschafts- und Sozialpolitik Chiracs nutzen werden.
Chirac sieht "schwierige Lage"
Chirac meinte in einer ersten Reaktion, das Referendum bringe Frankreich auf europäischer Ebene in eine "schwierige" Lage. Das Nein schaffe "schwierige Rahmenbedingungen für die Verteidigung unserer Interessen in Europa", sagte Chirac in einer Fernsehansprache kurz nach Bekanntwerden des Ergebnisses. "Frankreich bleibt natürlich in der Union", fügte Chirac hinzu.
Chirac hatte seinen Landsleuten bereits vor dem Urnengang versichert, er wolle nach der Wahl für eine "neue Dynamik" sorgen. Beobachter erwarten die Bildung einer neuer Regierung, wobei Innenminister Dominique de Villepin als Favorit für die Nachfolge des unpopulären Premierministers Jean-Pierre Raffarin gilt.
Folgen für EU
Massive Folgen dürfte das "Non" der Franzosen aber auch für die gesamte EU und den Integrationsprozess haben.
Starkes Interesse
Bereits zu Mittag war das große Interesse der Franzosen an dem Referendum festgestanden. Zu diesem Zeitpunkt hatte bereits mehr als ein Viertel der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, um 19.00 Uhr waren es bereits zwei Drittel.
Polizei rüstet sich für Demos
Aus Sorge vor "spontanen Kundgebungen" nach Ende des Referendums hat die Polizei Vorsichtsmaßnahmen ergriffen und mehrere Metro-Stationen auf den Champs-Elysees geschlossen.
Umfragen sagten Nein voraus
Umfragen ließen bereits vor dem Urnengang einen knappen Ausgang erwarten. Die Verfassungsgegner hatten auch in den beiden letzten Erhebungen eine - allerdings auf 51 Prozent geschrumpfte - Mehrheit.
Neun weitere Abstimmungen
15 EU-Staaten lassen allein ihre Parlamente über die EU-Verfassung bestimmen, die anderen zehn wollen ihr Volk befragen - so wie die Niederlande am kommenden Mittwoch, wo das Votum jedoch nur Empfehlungscharakter hat.
http://orf.at/050529-87480/index.html
ich wollt ja nicht sagen, ich hab es gehofft aber gerade bei den franzosen hat es mich dann doch gewundert