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Brait - Musealisierung - WS 2011

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Belen
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Re: Brait - Musealisierung - WS 2011

Beitrag von Belen »

Hallo!
Ich hab eine Ausarbeitung der Fragen gemacht:
Teilweise sicher ein bisschen zu ausführlich und manches ist sicher nicht perfekt beantwortet. Bitte nicht 1:1 übernehmen. :)

Inwiefern kommt das DDR Museum in Berlin in Konflikt von dem von ICOM definierten Museumsbegriff?
Das Museum ist kommerziell ausgerichtet (es gibt einen Shop und der Eintritt ist sehr teuer) und es legt auf die Bewahrung der Exponate keinen Wert. (viele Bereiche sind interaktiv, man kann zum Beispiel in einem typischen DDR-Wohnzimmer sich auf das Sofa setzen, was somit nicht bewahrt wird) Somit verstößt es gegen den Punkt „non-profit“ und „conserves“ in der ICOM-Definition.

Nennen Sie ein Beispiel für einen Museumsbau, der sich durch eine neuartige Verbindung von Architektur und ausgestellten Inhalten auszeichnet. Beschreiben Sie die Besonderheiten des Museumsbaus kurz und benennen Sie den Architekten (die Architektin, die Architekten).
Das Jüdische Museum Berlin ist der Versuch die verschiedenen Epochen der jüdischen Geschichte auch im Museumsbau darzustellen. Daniel Libeskind stellt anhand von drei Achsen – Kontinuität, Exil und Holocaust die Geschichte der Juden in Deutschland dar. Die Achse des Holocausts führt zu einem eigenen Gebäude – dem „Holocaust-Turm“, die Achse des Exils in einen Garten, der Hoffnung symbolisieren soll. Auch Leerräume, die nicht begehbar sind und die nur von außen betrachtet werden können, haben eine Bedeutung – sie zeigen die Lücken, die durch den Holocaust in Deutschland entstanden sind und nicht mehr gefüllt werden können. Somit wird der Museumsbau zu einer eigenen semantischen Ebene und zu einer Erweiterung der Inhalte auch durch die Architektur.

Was ist alles unter dem Schlagwort „McDonaldisierung“ der (deutschen) Museumslandschaft zu verstehen?
Unter diesem Schlagwort ist eine Kommerzialisierung – in Form von Shops – und eine starke Ausrichtung auf die Besucherstatistiken der Museen zu verstehen. Diese Ausrichtung wurde vor allem durch Kürzung von öffentlichen Geldern herbeigeführt, die die Museen in ihrer Arbeit einschränkten. Viele Museen verwenden anstatt von authentischen Originalen mehr virtuelle und interaktive Stationen. Es kommt immer mehr zu einer Standardisierung der Museumslandschaft, da durch den Konkurrenzdruck Museen keine Experimente und bewusste Ausrichtungen mehr wagen können. Museen werden somit immer mehr zu Vergnügungsparks und Teil der Unterhaltungsindustrie. Durch diese uneingeschränkte Ausrichtung auf den Besucher und den Spaßfaktor gehen die eigentlichen Inhalte, die vermittelt werden sollen und die Authentizität der Objekte, die bewahrt werden soll, immer mehr unter. Somit kommt es zu einer McDonaldisierung der Museumslandschaft, auch in Europa.

Nennen Sie ein Beispiel für eine „virtuelle Ausstellung“ und beschreiben diese kurz. Ordnen Sie diese entsprechende dem von Werner Schweibenz entwickelten Kontinuummodell ein.
Das Lemo wäre ein Beispiel für eine „virtuelle Ausstellung“. Hierbei handelt es sich um die Verknüpfung von mehreren deutschen Museen und deren digitalen Archiven und Datenbanken. Auch gibt es Beschreibungen der jeweiligen „Epoche“ (ab 1850) mit sehr vielen Querverweisen und weiterführenden Links. Bei Lemo handelt es sich um ein Online-Museum, da es nur Online existiert und eine Fülle an Informationen und Inhalten bietet. Die Stufen vor dem Online-Museum sind => Broschüremuseum (kaum digitale Inhalte), Inhaltsmuseum (Sammlung wird ausführlich präsentiert), Lernmuseum (erklärende Inhalte, die mit den Objekten in Verbindung gebracht werden), Online-Museum und danach: Gedächtnisinstitution (Verknüpfung der digitalen Sammlungen von Museen und Archiven)

Warum ist die Ausstellung „Die Zeit der Staufer Geschichte - Kunst – Kultur“ von Bedeutung für die Entwicklung der Museumslandschaft in der Bundesrepublik Deutschland? Wann und wo wurde sie gezeigt?
Sie setzte neue Maßstäbe für Ausstellungen in der BRD. Einerseits war sie sehr groß dimensioniert – 3000m² Ausstellungsfläche mit 1000 Exponaten, andererseits gab es rege Besucherströme. 670 000 Besuche wurden gezählt und 153 000 Ausstellungskataloge wurden verkauft. Sie ist der Beginn des sogenannten Museumsbooms und führte zu einem regen Interesse an historischen Themen innerhalb der BRD. Sie wurde 1977 in Stuttgart gezeigt.

Welchen Einfluss hatte der „Vertrag zur deutschen Einheit“ auf die Gründungsgeschichte des „Deutschen Historischen Museums“?
Das Deutsche Historische Museum befand sich gerade im Aufbau und hatte zu diesem Zeitpunkt erst eine kleine Sammlung und noch keine Einrichtung. Eigentlich war ein Neubau geplant. Aufgrund des Vertrages zur deutschen Einheit befanden sich nun zwei Nationalmuseen zur deutschen Geschichte in Berlin. Darum wurde das Museum für deutsche Geschichte von dem Deutschen Historischen Museum übernommen – sowohl der Bestand, auch die Räumlichkeiten und ein Teil der Mitarbeiter. Es wurde außerdem auch nun die DDR-Geschichte in der Ausstellung thematisiert.

Welche zwei grundsätzlich unterschiedlichen Formen von „Nationalmuseen“ unterscheidet Pomian? Wie könnte eine dritte Form aussehen?
Pomian unterscheidet in Nationalmuseen, die die eigene Nation als Teil der universalen Menschheit sehen und zeigen wie sie an diesem Ganzen teilnimmt und in welche, die die Vorzüge der eigenen Nation und den eigenen Sonderweg beschreiben. Da jedoch die meisten Staaten nicht eine „homogene“ Nation bilden und wesentlich differenzierter sind, ist es wohl nötig ein Museum der verschiedensten Identitäten und Gruppierungen der Gesellschaft, seien dies ethnische Identitäten oder soziale Identitäten, zu schaffen, was somit die Differenziertheit und Vielfältigkeit der „Nation“ zeigt.

Was ist die zentrale Aufgabe der Gedächtnisforschung und warum ist das für das Verständnis von musealen Einrichtungen von Bedeutung?
Die Gedächtnisforschung ist die wissenschaftliche Erforschung von der Art und Weise wie Vergangenes innerhalb der Gesellschaft bewahrt wird. Dies ist vor allem deswegen für das Verständnis von Museen wichtig, da die Gedächtnisforschung somit auch eine der Kernaufgaben des Museums untersucht und zeigt wie solche Gedächtnisinstitutionen funktionieren. Außerdem zeigt sie auch den Ort und den Stellenwert der Museen innerhalb der jeweiligen Gesellschaft.

Was meint Schweibenz wenn er von einem Paradigmenwechsel von Museumsobjekt hin zur Museumsinformation spricht.
Die Information wird immer wichtiger als das Museumsobjekt. Früher war vor allem das auratische Objekt im Mittelpunkt, der Besucher musste es selbst interpretieren. Nun steht im Mittelpunkt die Vermittlung von Bedeutungen und Interpretationen des Museumsobjekts und dessen Kontext und Infoqualitäten. Vor allem durch die zunehmende Virtualisierung, bei der das Original in den Hintergrund rückt, ist die Objektinformation wichtiger geworden.

Was ist Kennzeichen für die Entwicklung der deutschen Museumslandschaft in der BRD in den 1970er und 1980er Jahren aus? (große historische Ausstellung, wissenschaftliche Bearbeitung, Kataloge, etc.)
Es gibt ein gesteigertes Interesse der Bevölkerung an Museen (auch als Museumsboom bezeichnet) und auch die Politik interessiert sich mehr für dieses Thema. Wichtig ist hier vor allem auch der Neubau des Frankfurter Historischen Museum und dessen Ausrichtung auf ein nicht-wissenschaftliches Publikum => Museum als Lernort. Es gibt mehrere große Ausstellungen, bedeutend sind hier vor allem „Die Zeit der Staufer – Geschichte, Kunst, Kultur“ in Stuttgart 1977, diese Ausstellung hatte über eine halbe Million Besucher, mehr als Hundertausend Personen kauften den Ausstellungskatalog, ebenso wichtig: „Preußen. Versuch einer Bilanz“ in Berlin 1981, diese Ausstellung hatte eine halbe Million Besucher und führte zu der Forderung (z.B. von der FAZ), dass Deutschland ein Nationalmuseum haben soll. Auch kommt es zu einer „Wiederkehr des Verdrängten“, gesellschaftliche Debatten über die Zeit des Nationalsozialismus vor allem in den 80er Jahren – Bsp.: Weizsäcker-Rede, Kohl-Besuch in Israel => Interesse an Geschichte nimmt zu, Bundeskanzler Kohl beschließt Bau zweier Museen: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (ab 1945) in Bonn und Deutsches Historisches Museum in Berlin. Wird in den 80er Jahren beschlossen, aber erst in den 90er Jahren abgeschlossen.

Inwiefern unterscheiden sich das Deutsche Historische Museum und das Haus der Geschichte der BRD in Bezug auf der Frage nach Forschung im Museum?
Das Haus der Geschichte der BRD betreibt keine Grundlagenforschung und keine Forschung an Museumsobjekten. Stattdessen betreibt das HG Besucherforschung und ist in diesem Gebiet auch eine Vorreiter-Institution. Das Deutsche Historische Museum betreibt Forschung am Objekt und Grundlagenforschung im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung.

Warum kam es in Österreich im 19. Jahrhundert zu keiner Einrichtung eines Nationalmuseums und welche anderen Einrichtungen wurden stattdessen errichtet?
Bei der Habsburger-Monarchie handelte es sich um einen Vielvölkerstaat – ein österreichisches Nationalmuseum wäre hier nicht möglich gewesen, da keine homogene Nation in der Monarchie existierte. Ein österreichisches Nationalmuseum hätte eher zu einer Teilung des Staates geführt, als zur Vereinheitlichung gedient. Stattdessen wurden vor allem Ländermuseen (Wien-Museum, Böhmisches Nationalmuseum, Ungarisches Nationalmuseum, aber auch in den Landeshauptstädten Österreichs) und Regionalmuseen gegründet, aber auch das Heeresmuseum (heute: Heergeschichtliches Museum) => Heer war das übergreifende, verbindende Element der Habsburger-Monarchie

Das „HdG“ betreibt zahlreiche Außenstellen in Bonn und Berlin. Benennen Sie fünf
Tränenpalast, Römischer Keller, Museumsgarten, Informationszentrum, Sammlung Industrielle Gestaltung, Karikaturengalerie, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig
paraplu
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Re: Brait - Musealisierung - WS 2011

Beitrag von paraplu »

Hey,

sind das Prüfungsfragen die schon mal zur Prfg. gekommen sind?

LG
kaati
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Re: Brait - Musealisierung - WS 2011

Beitrag von kaati »

Die fragt ja ganz schön genau nach :-)
weiß jemand ob die fragen bei ihr immer ähnlich sind oder gibt sie jedes mal was anderes?

danke für eure antworten,
lg
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