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04.04.2006 - Tech&Science / Science-News
Biologie: Macht Sex dick?
Fliegenmännchen steigern via Sperma den Hunger der Weibchen.
Wer auf Brautschau geht, hält die Konkurrenz im Auge, das ist an jeder Bar-Theke so, und bei der Hausmaus ist es nicht anders. Zwar bewachen die Männchen ihre Territorien und Weibchen aggressiv, aber Letztere suchen trotzdem bisweilen andere Partner. Wittert ein Männchen die Gefahr, ändert es das Verhalten. Für gewöhnlich wird die Kopulation in die Länge gezogen: Das Männchen stimuliert das Weibchen, indem es eindringt, dann zieht es sich zurück, läuft weg, kehrt wieder, mehrmals bis zur Ejakulation. Vermutlich dämpft lange anhaltende Erregung des Weibchens dessen Bedarf nach Kopulation mit weiteren Männchen.
Man sollte also meinen, dass ein Männchen, das Konkurrenz fürchtet, die Kopulation noch länger hinzieht, das war auch die Hypothese einer Gruppe um Brian Preston (University of Liverpool). Aber sie wurde falsifiziert: "Wenn ein Rivale in der Nähe ist, wird die Stimulation um 53 Prozent verkürzt, dann kommt die erste Ejakulation" (Current Biology, 3. 4.). Die Forscher vermuten, dass die Männchen Eile haben, weil sie Attacken des anderen fürchten. Was Preston nicht gemessen hat, ist die Qualität des Ejakulats: Man weiß aus Versuchen mit Tieren - und Menschen, sparen wir die Details -, dass sowohl die Zahl wie die Beweglichkeit der Spermien erhöht wird, wenn Rivalen in den Blick geraten (Biology Letters, 1, S. 253).
Das gehört zum "Sperma-Krieg", in dem die Konkurrenz der Balz fortgesetzt wird: Statt der ganzen Männchen treten nun ihre Keimzellen gegeneinander an. Und nicht nur die, es gibt viele Moleküle in der Samenflüssigkeit, die den Erfolg des Spermas sichern sollen. Das bekannteste wurde bei Fruchtfliegen entdeckt, es heißt "Sex Peptide" und hat viele Wirkungen: Es regt die Weibchen zum Eierlegen an, es nimmt ihnen die Lust auf weitere Kopulationen. Und es macht Appetit: "Frisch verpaarte Weibchen fressen 2,3 Mal so viel wie jungfräuliche" (Currrent Biology, 3. 4.). Das hat eine Gruppe um Gil Carvalho (Caltech, Pasadena) gezeigt. Väterliche Obsorge für Mutter und Kind? Für die Jungen: ja. Für die Mütter: nein. Man weiß, dass schmale Kost bei Fruchtfliegen die Lebensdauer erhöht - und dass Schwangerschaft sie senkt.
Andere haben andere Sorgen, ihr Leben verkürzen sie selbst, drastisch: Noch einmal Sex, diesmal bei Spinnen, Schwarzen Witwen, bei denen die Männchen noch während der Begattung von den Weibchen gefressen werden. Trotzdem haben auch sie Eile: Wissen sie ein Weibchen in der Nähe, entwickeln sie sich anders, und wissen sie zudem andere Männchen in der Nähe, entwickeln sie sich wieder anders. Ist niemand da, entwickeln sie sich langsam und werden möglichst groß, bevor sie sexuell reifen. Riechen sie ein Weibchen, reifen sie so rasch wie möglich und bleiben klein. Riechen sie Weibchen und Männchen, gehen sie einen Kompromiss ein, sie müssen sich den Weg in die Kopulation vielleicht gegen andere erkämpfen (Current Biology, 3. 4.).
Auch das ist keine Skurrilität am Rande, es rüttelt an einem Dogma der Evolutionsbiologie, demzufolge die Entwicklung von Lebewesen zur sexuellen Reife genetisch fixiert ist. Und nun mischt auch die Umwelt mit.
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mich hat der artikel amüsiert, daher muss ich ihn mit euch "teilen"