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Woher nehmt ihr fundiertes Wissen??Ich bin enttäuscht !!

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Burschi
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Woher nehmt ihr fundiertes Wissen??Ich bin enttäuscht !!

Beitrag von Burschi »

Grüss Gott

Um ehrlich zu sein studiere ich noch nicht Geschichte, aber spiele schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken dies zu tun. Nur umso mehr ich mich mit der Materie befasse desto mehr zweifle daran ob sichs auszahlt. Zwar ist die Thematik sehr interessant, nur scheint keiner über exaktes Wissen zu verfügen.
Kleines Bsp. Nehmen wir die Christenvrefolgung im alten Rom. In einem Buch wird mit absoluter Sicherheit von Christenhinrichtungen im Kollesuem berichtet. In einem zweiten steht was von "wahrscheinlichen Hinrichtungen", und im dritten gar "es gab keine Hinrichtungen im Kollusem". Dasselbe bei diversen Tv-Reportagen.
Dazu werden Legenden und Sagen vierlerorts anscheinend einfach irgendwie eingewoben und als tatsächlich Geschehenes vermittelt.
Den Todesstoss versetzt einem dann noch ein altes Schulgeschichtsbuch der Eltern in dem man nach heutigem Wissensstand, zumindest was ältere Zeiten betrifft, die Hälfte wegstreichen und als Falsch abtun kann.
Man muss also durchaus davon ausgehen das auch das heute Unterrichtete oft nicht Wahr ist.
Da stellt sich dann eben doch die Frage nach dem Sinn eines solchen Studiums.
Ich bin daher irgendwo enttäuscht. Ist es nicht schwer ein Fach zu studieren dem man nicht vertrauen kann??
Jahrelang sich mit etwas zu befassen um womöglich kurz nach der letzten Prüfung dahinter zu kommen das alles Falsch war was unterrichtet wurde.
Das gestern noch als fundiertes Wissen gepriesenes, morgen schon ins Reich der Märchen abgetan werden kann??
Wie geht ihr damit um??

Lg,Burschi
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Birgit
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Beitrag von Birgit »

hmmm... ichbin ja der ganzen wissenschaft gegenüber skeptisch! denk mal nach.. zahlen von 1 - 10 ..irgendwann hat irgendwer gesagt, dass das so gehört. aber ob das so richtig ist?

in der medizin hat es doch auch jahrelang behandlungsmethoden gegeben, von denen man überzeugt war, dass sie helfen und man ist zig jahre später draugekommen, dass das dem körper mehr schadet als hilft.

also ich liebe geschichte - für mich ist es das nonplusultra der studienrichtungen.
es ist ja auch so, dass sich der forschungszeit mit der zeit verändert. weil es neue ergebnisse gibt, ausgrabungen usw usw. sicher hängts auch stets von den buchautoren ab, die du da in diesem fall gelesen hast. hab auch viele bücher z.b. über die habsburger gelesen: da ist es manch ein schund dabei (in diesem top wissenschaftlichn buch wirkt da leben von sisi u co wie in den schneider-filmen) oder es gibt auch sehr sachliche bücher...

ich hoff es war jetzt irgendwie verständlich was ich mein *G* ..
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Burschi_

Beitrag von Burschi_ »

gg danke für die antwort.
natürlich hast du irgendwo recht. in der wissenschaft gab und gibt es irrtümer. zwangsläufig ergeben sich, vorallem in der medizin, ergebnisse die man als absolut sicher nehmen kann.
hast zahnschmerzen und nimmst eine tablette die hilft, dann gehts dir eben bewiesener masen besser.
bei geschichte jedoch scheint sich alles ständig umzudrehen.was gestern noch absolut sicher war, ist morgen schon wieder total falsch. das gilt natürlich eher nur für die ältere geschichte.
am schlimmsten jedoch finde ich die tatsache das bestimmte sagen, märchen oder bewiesen falsches einfach so in den lehrbüchern stehen bleibt.
da hat man doch ständig das mulmige gefühl das man sich gerade mit etwas befasst, das eventuell vollkommen falsch ist.
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Starbuck
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Beitrag von Starbuck »

man kann nur viel lesen und sich dann ein eigenes bild von der materie machen, anders geht es so und so nicht und das lernst du meiner meinung nach auch auf der geschichte, dass ein buch pro thema nicht ausreichend ist. man muss gut argumentieren können wie man zu seiner meinung gekommen ist und meinungen sind bekanntlich verschieden zu gewissen themen - und so ist nun einmal auch die wissenschaft, auch wenn es in der neuzeit/zeitgeschichte anhand der vorhandenen orginalquellen schon einfacher wird
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werner
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Beitrag von werner »

Aber auf die "wenigen" Fakten darf man halt nicht vergessen. Und das kann man lernen. Es ist nicht nur "Meinungbilden"
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Starbuck
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Beitrag von Starbuck »

da hast du recht aber auch die fakten sollte man sich aus mehr als einem buch zusammensuchen - meiner meinung nach.
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emilystrange
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Beitrag von emilystrange »

1. du solltes auch immer bedenken, dass geschichte auch sehr viel mit interpretation zu tun hat. vorallem ist es auch wichtig von welchen standpunkt man es sieht. du kannst z.B davon ausgehen, dass ein österreicher den zweiten weltkrieg immer viel schlimmer darstellen und interpretieren wird als jemand aus dem irak andersherum natürlich wird ein österreicher nie das ganze ausmaß vom irak krieg erfassen.

2. warum stehen unterschiedlichen sachen z.B in büchern? weil sich die autoren immer unterschiedlichen quellen bedienen und auch immer wieder neue quellen gefunden werden. nimm z.B stonehenge soooooo lange steht das schon dort, und es gab unzählige theorien wie das dort hin kam und was es ist, und wer weiß vielleicht werden es erst unsere enkel heruasfinen was es wirklich ist.

3. ausserdem sollte es doch unser ziel sein als historiker, genau diese fehler in der geschichte zu finden. ich glaub da sprech ich für viele meiner kollegen/innen wenn ich sagen, dass im stillen jeder davon träumt irgendetwas zu "entdecken" was maßgeblich für die geschichte war
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Burschi
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Beitrag von Burschi »

da hast du sicherlich recht emily.
dennoch finde ich es teilweise niederschmetternd wenn man sich nicht mal über grundliegenste dinge im klaren ist.
nehmen wir zb alte briefe oder manusrkipte aus der antike. auf denen ein grossteil unseres heutigen wissens über diese zeit aufgebaut ist.
und bei vielen können wir nicht mal sagen ob sie überhaupt wirklich von jenen zeitzeugen geschrieben wurden, oder sich einfach entweder um fälschungen handelt oder der schreiber einfach gelogen hat.

aber es stimmt schon, man muss immer mehrere quellen zu rate ziehen. schwierig wirds halt nur dann wenn man sich nicht mal drüber einig wird ob die ursprungsquelle auf der alle anderen vermutungen unterschiedlicher autoren beruhen überhaupt was taugt.
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wongx
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Beitrag von wongx »

beim geschichtsstudium lernst du wissenschaftliche forschung zu betreiben, du lernst nicht einen geschichtsstoff wie in der schule
am ende deines studiums wird kein weltbild zusammenbrechen, viel mehr bist du dann (hoffentlich ;)) in der lage anhand von quellen selbst zu einem urteil zu kommen ..
wissenschaft (egal welcher art) ist ein prozess und nichts festgeschriebenes.

und wie emily schon geschrieben hat, geschichte ist von betrachtung und repräsentation abhängig (=diskurs),
aber um darüber mehr zu erfahren, musst du geschichte studieren :lol:
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Burschi
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Beitrag von Burschi »

ist das geschichtsstudium eigentlich leicht??
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emilystrange
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Beitrag von emilystrange »

wahrscheinlich genauso leicht oder nicht leicht wie jedes andere studium ,wenn man sich dafür interessiert denn das interesse sollte an wichtigster stelle stehen
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Arnold
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Beitrag von Arnold »

Ich muss sagen, dass mich gerade die hier genannten Kritikpunkte am meisten faszinieren. Gerade das Herausfinden von Wahrheiten, das Diskutieren und die verschiedenen möglichen Betrachtungsweisen machen die Geschichte derart spannend und - nicht zuletzt! - lebendig.

lg
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Birgit
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Beitrag von Birgit »

@ emily: da hast du recht... die leichtigkeit hat viel mit interesse zu tun...
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Beitrag von emilystrange »

Birgit hat geschrieben:@ emily: da hast du recht... die leichtigkeit hat viel mit interesse zu tun...
schon, weil ich bin der meinung wenn einen etwas nicht interessiert "kann" man es nicht lernen, war ja in der schule wahrscheinlich bei jedem das gleiche....
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Laurea
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Beitrag von Laurea »

@ Burschi: wenn du der ansicht bist, dass offensichtlich niemand ahnung von geschichte hat, dann würde ich dir das studium wirklich ans herz legen, um sozusagen die "wahrheit" für dich selber zu finden ;)
denn wie starbuck richtig gemint hat, ist es notwendig, fakten aus mehrern büchern zusammenzusuchen. da kommst du dann schnell drauf, wer was wo abgeschrieben hat, denn idealerweise geht man bei der beschäftigung mit einem thema so vor, dass man zuerst die aktuellste literatur dazu liest und sich dann nach hinten weiter arbeitet.
bald wirst du dann zu der erkenntnis kommen, dass geschichte nicht gleichförmig verlaufen ist, dass es oft "die wahrheit" per se nicht gibt und man dinge immer aus mehreren positionen betrachten kann... das ist dann glaub ich der knackpunkt mit "der welt da draußen". diese will eindeutige aussagen und eine wahrheit haben. und das geht halt nicht immer...

und... als geschichte student hast du die einmalige gelegenheit, relativ leichten zugang zu den quellen zu haben und das ist ja das spannenste und auch das wichtigste an unserer disziplin. quellenanalyse ermöglicht es dir, dir selbst ein bild zu machen und dann über das darüber geschriebene zu reflektieren... dann entscheidest du selber wem oder was du vertrauen willst und wem nicht.
begriffe wie "absolut" und "unumstößlich" rücken in den geistigen hintergrund, da es wie schon erwähnt die eine wahrheit nicht gibt...

also, wie gesagt... wenn du die möglichkeit und die ressourcen hast, dann schmeiß dich ins studium... bild dir deine eigene meinung und hinterfrage, was du gehört, gelesen hast. entwickle eine leidenschaft und du wirst viele schöne momente haben... natürlich auch momente, in denen deine erwartungen enttäuscht werden oder deine bisherige ansicht vollkommen über den haufen geworfen wird, aber es zahlt sich aus!
...und eine Stimme erhob sich aus dem Chaos und sprach zu mir: "Lächle, denn es könnte schlimmer kommen." Ich lächelte - und es kam schlimmer
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